Draußen vor der Tür – Klassenspiel der Klasse 12
Bericht über die öffentliche Theateraufführung „Draußen vor der Tür“ von Wolfgang Borchert, dargebracht von Schülern der zwölften Klasse der Freien Waldorfschule St. Michael (Geislingen) am 01.07.2017
Draußen vor der Tür
„Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will“ – diesen eigentlich deprimierenden Untertitel gab der deutsche Schriftsteller Wolfgang Borchert seinem Stück „Draußen vor der Tür“. Wie der volle Saal der Geislinger Waldorfschule aber zeigte, hatte der Autor zumindest im Untertitel die Anziehungskraft seines Werks unterschätzt.
Schüler der zwölften Klasse der Freien Waldorfschule St. Michael hatten das Stück neben ihren Prüfungsvorbereitungen in mehrwöchiger Arbeit mit ihrem Regisseur Bernhard Linke aus Stuttgart einstudiert. Linke ist Schauspieler und spielt derzeit am Theater der Altstadt in Stuttgart und am Sommertheater in Ludwigsburg. Zum Abschluss ihrer Schulzeit hatten sich die Schüler das eher düstere Werk ausgesucht, in dem die Geschichte des Kriegsrückkehrers Beckmann beschrieben wird. Nicht nur von Träumen des Krieges wird er heimgesucht und leidet immer noch unter einem Einsatz, der unter seinem Befehl hohe Verluste an Menschenleben gefordert hat. Auch eine Heimat hat er nicht mehr: Seine Frau liebt einen anderen Mann und seine Eltern wurden von den Nazis umgebracht. Geplagt von einer inneren Stimme, die sich „Der Andere“ nennt sucht er nach einem Sinn seines Lebens und kann ihn bis zum Schluss nicht finden. Autor Wolfgang Borchert war Kriegsheimkehrer wie sein Protagonist Beckmann. Gesundheitlich schwer gezeichnet durch die Strapazen von Krieg und Gefangenschaft starb er mit 26 Jahren – am Tag vor der Uraufführung seines Werks.
Es war ein Stück, dass betroffen machte, von den Zwölftklässlern mit dem angebrachten Ernst dargeboten – und ein Beispiel für das umfangreiche Bildungsspektrum an der Waldorfschule, bei dem Theaterspielen von jeher mit dazu gehört.
Markus Windstoßer