Elftklässler präsentieren Projektarbeiten
Einen Vortrag vor Publikum zu halten ist für viele Menschen eine große Herausforderung. Dennoch gehört es zu einem Menschen mit Persönlichkeit, sein Wissen und seine Meinung vor anderen präsentieren zu können. Und nachdem sich Waldorfpädagogik die Ausbildung aller Aspekte des Menschseins auf die Fahnen geschrieben hat, ist auch das öffentliche Vorstellen selbst durchgeführter Projekte ein wichtiger Bestandteil der Schulzeit.
Eigentlich steht die von den Elftklässlern nun vorgestellte Projektarbeit am Ende der Waldorfzeit, aber die zeitlichen Anforderungen der in der zwölften Klasse stattfindenden Abschlussprüfungen erfordern zunehmend das Vorziehen der Arbeiten, erklärte Klassenbetreuerin Astrid Kunert. Die Auswahl der Themen war den Schülern überlassen, die sie nach ihren Interessen wählen konnten. Und während bei der ersten großen Jahresarbeit am Ende der achten Klasse üblicherweise noch die Eltern in größerem Umfang helfen mussten, arbeiteten die Jugendlichen jetzt schon zum großen Teil selbstständig. Hier zeigte sich der innerhalb von drei Jahren abgelaufene Reifungsprozess ganz deutlich.
Den Anfang der Präsentationen machte Falk, der ein passionierter Koch ist und schon immer gerne zu Hause beim Kochen geholfen hat. Sehr interessant berichtete er über die Geschichte den Kochens, die nach Ansicht von Archäologen vor ungefähr 1,5 Millionen Jahren mit der Fleischentnahme durch den Faustkeil begonnen hat. Das Feuer erleichterte die Kocharbeit erst vor circa 500 000 Jahren. Falk stellte verschiedene Zubereitungsarten für Essen vor und aus der Küche des Schulsaales duftete inzwischen schon selbstgerechtes, gefülltes Brot.
Schülerin Elisabeth berichtete über ihre Pflegehündin Hanna. Aufmerksam wurde sie auf das Tier über eine E-Bay-Kleinanzeige, wo für das ukrainische Mischlingstier für kurze Zeit eine Pflegefamilie gesucht wurde. Von einer Hilfsorganisation wurde sie aus ihrer Heimat nach Deutschland gebracht, wo die Familie sie nach der Übernahme zunächst als sehr verängstigt erlebte. Von einem Ausgangsgewicht von 8 Kilo wurde Hanna inzwischen auf 20 Kilo hochgepäppelt, wobei sie aber auch noch etwas gewachsen ist. Als es übrigens an der Zeit war, das Tier an eine neue Pflegefamilie abzugeben, entschied man sich aber dafür, Hanna zu behalten. Aufgrund ihres gutmütigen Wesens denkt Elisabeth darüber nach, Hanna eine Ausbildung als Therapiehündin zu ermöglichen.
Mit dem Aufbau eines Schulsanitätsdienstes hatte sich Moritz beschäftigt. Als ausgebildeter Rettungshelfer wurde er schon bisher immer wieder zu Notfällen in der Schule geholt. Damit aber die Arbeit aber nicht mehr allein bewältigen muss und in Zukunft noch mehr ausgebildete Helfer zur Verfügung stehen, hat er mit Lehrerin Tina Baumeister über das Deutsche Rote Kreuz die Bildung eines Schulsanitätsdienstes in die Wege geleitet, der sich nun im Aufbau befindet und sich bei den Schülern bereits großer Beliebtheit erfreut. In Vorbereitung auf die zukünftigen Einsätze veranstaltet Moritz bereits Fortbildungen in Reanimation für verschiedene Klassen.
Ein ungewöhnliches Projekt präsentierte Lukas: Er hatte die Einsatzkleidung eines Comic- und Film-Superhelden selbst genäht. Der Held trägt den Namen Deathpool und ist mit seinem schwarzen Humor ein Stück weit eine Persiflage auf die oft untadeligen anderen Superhelden aus Comic und Film. In Ermangelung von käuflichen Ausrüstungsgegenständen schuf Lukas alles selbst. Hierbei diente im zum Beispiel ein erhitztes und gepresstes Kunststoffrohr als Grundlage für die Schwerter des Helden oder eine Iosmatte für die Schienbeinschoner.
Alexander hatte sich das Thema 3D-Druck ausgesucht. Er berichtete über dessen Geschichte, die mit einem US-Patent im Jahr 1986 begann. Inzwischen werden Körperersatzteile im 3D-Verfahren hergestellt, aber auch Waffen können so produziert werden. Alexander hatte ein selbst gedrucktes Werkstück mitgebracht, riet aber der ebenfalls anwesenden neunten Klasse, sich bei ihren zukünftigen Jahresarbeiten nicht auf Technik zu verlassen – der sehr sensible Drucker war nämlich durch den Transport in die Schule funktionsuntüchtig geworden!
Ein Cajon selbst bauen – das war wohl ein Traum für Jonah. Doch im Rahmen seiner Projektarbeit hatte er endlich die Gelegenheit dazu. In Zusammenarbeit mit der Firma „Schlagwerk“ in Gingen/Fils schreinerte er ein solches Schlaginstrument zusammen, auf dem man sitzend Rhythmus machen kann. Die Ursprünge des Cajons gehen, so erklärte er, auf improvisierte Trommelinstrumente der schwarzen Sklaven auf der Überfahrt von Afrika nach Amerika zurück, die aus Fischkisten bestanden.
„Musical“ war das Thema von Stefanie. Stilgerecht betrat sie als „Hair“-Girl die Bühne. Am gleichnamigen Musicalschule Geislingen gehört sie in den derzeit laufenden Aufführungen zum Stammbesetzung. Nach dem Casting für „Schöne und das Biest“ war sie ursprünglich zum Musical in Geislingen gekommen. Stefanie berichtete über die Ursprünge des Musical, das sich – nach zeitweiliger Konkurrenz durch das sich damals neu entwickelte Kino – inzwischen fest etabliert hat.
Mit dem Thema „Boxen“ hatte sich Bünyamin beschäftigt. Er beschrieb in seinem Vortrag die wichtigsten Muskelgruppen, die für die Sportart benötigt werden und Schlagarten wie Cross und Haken. Nachdem Boxen früher keinen Regeln gehorchte und mitunter lebensgefährlich war, gibt es inzwischen klare Normen, wie der Kampf stattzufinden hat und wer gegen wen in welcher der elf Gewichtsklassen antreten darf.
Zuletzt präsentierte Noah seine Recherchen zum Thema „Tattoo“. Das Wort kommt aus dem Tahitiarischen, heißt dort „Tatau“, bedeutet “Wunden schlagen“ und soll wohl das Auftreffen einer Waffe auf der Haut lautbildlich nachahmen. Nicht nur das Einbringen von Farbpigmenten gehört übrigens zu den verwendeten Techniken, sondern auch Einbrennen („Branding“) und Ritzen („Scarring“) werden angewandt. Das älteste nachgewiesene Tattoo findet sich auf der Gletscherleiche „Ötzi“ und erfreut sich, nachdem es in römischer und christlicher Zeit zunächst als barbarischer Brauch verpönt war, in den letzten Jahrzehnten wieder zunehmender Beliebtheit.
Wenn auch eine ganze Reihe Schüler krankheitsbedingt nicht zur Präsentation ihrer Arbeiten antreten konnte, erlebte das Publikum doch einen sehr interessanten Abend